Spannende Erkenntnisse über das Kloster

Museumsverein: Dr. Dieter Lammers berichtete über aktuelle Ausgrabungen in Lorsch

Bensheim. Kürzlich berichtete Dr. Dieter Lammers vom Institut für Europäische Kunstgeschichte der Uni Heidelberg beim Museumsverein Bensheim über die aktuellen Ausgrabungen am Kloster Lorsch.

Seit rund 125 Jahren wird dort bereits gegraben – seit 2011 von der Universität Heidelberg. Die gesamte Grabung ist ein Forschungsobjekt. Projektleiter ist Professor Matthias Untermann, örtlicher Grabungsleiter Dr. Lammers.

Die Grabungen sind zu diesem Zeitpunkt notwendig wegen der Erneuerung technischer Leitungen, die die archäologischen Funde für immer vernichten würden. Die früheren Interpretationen zum Westtor und dem sogenannten Jüngeren Atrium werden heute für falsch gehalten – das begründe auch das heutige Forschungsinteresse.

Man habe wenige Kleinfunde ausgegraben, so Lammers, etwa einen kleinen Glasziegel versteckt im Mauerwerk. Da solche Arbeiten in dieser Gegend völlig untypisch, aber aus dem Mittelalter bekannt waren, wurden sie ins 14. Jahrhundert datiert. Der Glasziegel ist in der Zehntscheune ausgestellt. Außerdem fand man südlich der Torhalle eine Gewandnadel aus dem 7. Jahrhundert, die kein Import ist und auch in der Zehntscheune zu sehen ist.

Das Mauerwerk gehört zu den sogenannten Ausbruchgräben – das ist das untersuchte Erdreich, das nach der Untersuchung übrigbleibt und wieder in die Gräben verfüllt wird. An einem Ausgrabungsstück war zu erkennen, dass man bereits in dieser frühen Zeit Senklote zur Begradigung der Mauern benutzte, wie sie heute noch im Maurerhandwerk gebräuchlich sind.

Es wurden eine Vielzahl von Zeichnungen gezeigt, erklärt und datiert – die frühesten aus dem 7. Jahrhundert. Es habe sich herausgestellt, dass die Bereiche Richtung Zehntscheuer und vor der Torhalle für Bestattungen genutzt wurden – vermutlich für diejenigen Menschen, die im Kloster arbeiteten. Etwa 35 Skelette sind in ein Labor geschickt worden, um das Geschlecht, das Alter der Verstorbenen und eventuelle Krankheiten zu ermitteln.

Im April sollen die aktuellen Ausgrabungen beendet sein. Dann werden alle archäologischen Bodenfunde minuziös katalogisiert, vor allem wo und wie viele Bodenfunde ergraben wurden. Es sei klar geworden, dass die Torhalle immer alleinstehend war.

Eine Vermutung gab Dr. Lammers am Ende seines Vortrages noch preis: Er nimmt an, dass die Gesamtanlage des Klosters ein Achteck darstellt. Er dokumentierte diese Vorstellung anhand einer Zeichnung und verwies auf die Pfalzkapelle in Aachen. red

© Bergsträßer Anzeiger, Mittwoch, 16.03.2016